Rede zur Einführung des ersten Aachener Städteregionsrats
Herrn Helmut Etschenberg am 29.10.2009:

In der Kommunalgeschichte von Kreis und Stadt Aachen geschieht wie in allen Kommunalverbänden meist Alltägliches und die unvergesslichen Momente sind selten. Das, was an geduldiger Vorbereitung für die heutige Sitzung nebeneinander und nacheinander seit sechs Jahren auch mit Herzblut erarbeitet wurde, manifestiert sich in dieser Stunde als scheinbar übliche Anfangsroutine einer kommunalen Beschlusskörperschaft und es wird den Beobachtern der Kommunalgeschichte vorbehalten bleiben, zu erkennen, ob wir heute einen unwiderruflichen Uhrpendelschlag unserer Regionalgeschichte angestoßen haben. Aber, dass Kreis und Stadt so zusammen Beschluss fassen, wie wir es heute tun werden, ist nicht alltäglich.

Auf Grund des Gesetzes zur Bildung der Städteregion Aachen bilden der Kreis Aachen und die Stadt Aachen einen neuen Gemeindeverband, der die Rechts­stellung eines Kreises hat. Dieser sich heute konstituierende Gemeindeverband ist Rechtsnachfolger des aufgelösten Krei­ses Aachen. Die Städteregion wird eine, gemeinsame, administrative und politische Handlungsebene bilden. Landrat Meulenbergh hat diese Handlungsebene definiert, wenn er im Eildienst sagte: „Die Verwaltung zusammenzuführen ist ja nicht das Entscheidende, sondern wir wollen die Region insgesamt stärken und gemeinsam auftreten. Wir sind davon überzeugt, dass wir als bisher Stadt und Kreis jetzt gemeinsam mit unseren niederländischen und belgischen Partnern arbeiten müssen, weil wir einen gemeinsamen Wirtschaftsraum vertreten.“

Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen bedeutet für uns, dass wir den politischen Auftrag der Mitglieder dieses Städteregionstages dahingehend verstehen, dass gerade nicht unser jeweils örtliches Interesse über das Regionsinteresse gestellt werden soll. Mit der Errichtung der StädteRegion wollen alle beteiligten Gebietskörperschaften enger und effizienter zusammenwirken: Um Synergieffekte zu erzielen, um Doppelzuständigkeiten aufzuheben, um Wirtschaftsförderungsstrategien zu vereinheitlichen und um neue politische Spielräume zu eröffnen.

Darum danken wir zuvörderst und aufrichtig den bisherigen Kreistagsabgeordneten für ihre mutige Unterstützung des Werdens dieses Kommunalverbandes. Wir danken den Impulsgebern und Ideenprägern Oberbürgermeister Dr. Linden und Landrat Meulenbergh für ihre beharrliche Überzeugungsarbeit für dieses Zukunftsprojekt und wir danken allen bisherigen Mandatsträgern aus dem Kreistag, aus den dem bisherigen Kreis an­gehörenden Städten und Gemeinden und aus dem Rat der Stadt Aachen, die zusammen mit 520 zu 7 Stimmen ihren Willen zur Bildung eines neuen, unmittelbar demokratisch legitimierten regionalen Aufgabenträgers bekundet haben.

Damit komme ich zu dem an mich gerichteten Auftrag der Kreisordnung, den mit großer Mehrheit von den Bürgerinnen und Bürgern in unserer Region direkt gewählten Chef des operativen wie repräsentativen Geschäfts der Städteregion in sein Amt einzuführen. Erlauben Sie mir noch wenige Worte zu der traditionsreichen Eidesformel, die Städteregionsrat Etschenberg gleich vor uns sprechen wird. Die gewissenhafte Erfüllung seiner Amtspflichten wird der Städteregionsrat in der Form eines feierlichen Versprechens geloben. Dieser Rückgriff auf das Gewissen des Amtsinhabers wird konkretisiert durch den schwergewichtigen Satz, dass der Amtsträger Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. Man muss fast geneigt sein, zu meinen, dass die Schwierigkeit der wortgetreuen Erfüllung dieses Versprechens sozusagen seine weniger hohe Verbindlichkeit indiziere. Gerechtigkeit ist die Haltung, kraft derer jedem das Seine zuerkannt wird, das Zu­stehende, das was einer vom anderen, wie etwas Geschuldetes mit dem Anspruch der Ausschließlichkeit fordern darf. Was mit der Gerechtigkeit gegen jederman gemeint ist, wird erst klar, wenn man erkennt, dass das soziale Ganze der verpflichtete Partner ist, mit der Maßgabe, dass direkt in Anspruch genommen der Verwalter des Bonum Commune, des städteregionalen Gemeinwohls ist. Er wird darauf verpflichtet, den einzelnen Gliedern des Ganzen zu geben, was ihnen zusteht. Dem liegt die ethische und verfassungsrechtliche Erkenntnis zu Grunde, dass letztlich nichts einen Inhaber von Amtsgewalt daran hindern könnte, unter Umständen auch Unrecht zu tun, es sei denn seine eigene Gerechtigkeit. Es ist eine unserem sozialtechnischen Denken innewohnende Illusion, zu meinen, schon die rein organisa­torische Vervollkommnung des politischen Lebens durch den Einbau selbsttätiger Kontrollorgane, könnte jemals die Verpflichtung zur Gerechtigkeit über­flüssig machen. So bleibt es auch in unserem kontrollgesetzlich gut bestellten Jahrhundert realistisch, die Inhaber von Amtsgewalt auf Gerechtigkeit zu verpflichten.

Wir wissen, dass mit Helmut Etschenberg ein Städteregionsrat sein verantwortungsvolles Amt beginnt, für den Gerechtigkeit eine von ihm ernst genommene Maxime ist. Wir wünschen ihm für seinen von den Bürgern für sechs Jahre gewährten Gestaltungs- und Führungsauftrag die Beherrschung der Kunst, die Lage stets zu erkennen. Wir vermuten bei ihm zuversichtlich das Glück des Tüchtigen und wünschen ihm fortune zu jeder Jahreszeit.